Beate – Eine neue Niere ist wie ein neues Leben!

Beate in Sportkleidung mit Medaille

Meine Niere und ich leben jetzt seit 18 Jahren ein zufriedenes und erfolg­reiches Leben. Wenn ich merke, dass ich mal wieder über mein Limit hinaus­gegangen bin, dann lege ich einfach die Hand auf meine Niere und beruhige sie. Das hat den gleichen Effekt für mich, als wenn eine Mutter ihre Hand auf ihren Bauch legt und das Kind im Bauch während der Schwanger­schaft beruhigt. Bis jetzt hat es immer gewirkt.

Meine Niere und ich leben jetzt seit 18 Jahren ein zufriedenes und erfolg­reiches Leben. Wenn ich merke, dass ich mal wieder über mein Limit hinaus­gegangen bin, dann lege ich einfach die Hand auf meine Niere und beruhige sie. Das hat den gleichen Effekt für mich, als wenn eine Mutter ihre Hand auf ihren Bauch legt und das Kind im Bauch während der Schwanger­schaft beruhigt. Bis jetzt hat es immer gewirkt.

Mein Name ist Beate Bea, und ich wurde 1961 geboren. Meine Kind­heit und Jugend verliefen weit­gehend unauf­fällig, abgesehen von ein paar kleinen Zwischen­fällen, die meine Eltern und ich damals nicht so ernst nahmen.

Meine Erkrankung

Schon als Kind und Jugend­liche bin ich öfter zusammen­gebrochen und hatte als junge Frau hin und wieder einen „Blackout“. In meinen Dreißigern wurde bei mir eine Glomerulo­nephritis diagnostiziert, eine Entzündung der Nieren­körperchen. Dabei handelt es sich um eine Autoimmun­erkrankung, was bedeutet, dass mein eigener Körper sich selbst (und in diesem Fall meine Nieren) angreift.

1993 heiratete ich und brachte eine gesunde Tochter zur Welt. Drei Jahre später, 1996, musste meine linke Niere entfernt werden. 2002 begann ich mit der Dialyse, einem Verfahren zur Reinigung des Blutes.

Knapp vier Jahre lang machte ich eine Bauchfell­dialyse, auch Peritonealdialyse genannt. In dieser Zeit lernte ich viel über die Funktionen und Aufgaben der Nieren. Doch nach vier­einhalb Jahren war das Bauch­fell erschöpft, und eine Infektion beendete die Möglichkeit der Bauchfell­dialyse. Danach musste ich ein halbes Jahr lang die Hämo­dialyse über mich ergehen lassen. Diese Prozedur war extrem anstrengend für mich; mein Körper akzeptierte sie nicht, und mein Gewicht sank auf beängstigende 45 Kilo.

Die strenge Diät aufgrund der Hämodialyse, die ich zuvor bei der Bauchfell­dialyse nicht einhalten musste, weil ich noch Urin ausscheiden konnte, sowie das ständige Liegen während der vier­einhalb Stunden Dialysezeit zehrten sehr an meinem Körper. Zudem schlich sich langsam, aber immer heftiger ein Restless-Legs-Syndrom ein, das bei mir nicht nur die Beine, sondern auch die Arme betraf. Manchmal waren die Bewegungen dabei so stark, dass die Dialyse­nadeln in meinen Venen verrutschten und ich die Prozedur abbrechen musste.

Sport als mein Anker

Trotz dieser Heraus­forderungen blieb ich, wann immer es meine Gesundheit zuließ, aktiv. Tisch­tennis zu spielen, war und ist meine Leiden­schaft. Ich habe eine staatlich anerkannte Trainer­lizenz und trainiere Kinder im Alter von 8 bis 17 Jahren im Tisch­tennis.

Rad­fahren ist eine weitere große Leiden­schaft von mir, sei es zusammen mit meinem Mann oder auch alleine. Wandern in der wunder­schönen Natur des Südschwarz­waldes erfüllt mich mit Freude. Ich habe mich nie davon abhalten lassen, mich zu bewegen.

2006 verschlechterte sich mein Zustand leider so sehr, dass ich nur noch 45 Kilo wog und nur noch an der Hand meines Mannes gehen konnte. Schon 200 Meter waren eine große Heraus­forderung für mich.

Die Transplantation

Doch wie die Bedeutung meines Namens – Beate, was aus dem Griechischen stammt und „die Glückliche“ oder „die Glücks­bringende“ bedeutet – bereits andeutet, blieb das Glück mir hold: am 20. Oktober 2006 kam dann der lang ersehnte Anruf aus der Uni­klinik Freiburg.

Ich werde diesen Moment nie vergessen. Ich packte gerade die Sport­sachen meiner Tochter, um sie zu einem über­regionalen Tischtennis­turnier zu begleiten, als um 23:52 Uhr mein Nephrologe aus dem Nieren­zentrum Villingen-Schwenningen anrief und sagte: „Es liegt eine Niere für Sie in Frei­burg bereit!“

Meine Gedanken über­schlugen sich. Mein Mann war auf Montage, und viele Fragen schwirrten mir durch den Kopf: Wie kommt meine Tochter zu ihrem wichtigen Turnier? Meine Tochter war damals 13 Jahre alt, und es war mir ein großes Anliegen, ihr ein normales Leben zu ermöglichen. Bei einer schweren Er­krankung geht es oft nur um den Patienten – man vergisst leicht die Familien­mitglieder, die das Leid miterleben und oft ebenfalls am Ende ihrer Kräfte sind.

Der zweite Gedanke war: Wie komme ich nach Frei­burg? Gibt es dort Langzeit­park­plätze? (Bitte nicht lachen, ich habe ein Talent fürs Falsch­parken!)

Dann rief ich den Trainer meiner Tochter an, es war mitten in der Nacht um 1 Uhr. Am nächsten Morgen um 7 Uhr übergab ich meine Tochter dem Trainer und seiner Frau, die sich liebe­voll um sie kümmerten. Übrigens: Das Turnier war ein voller Erfolg, sie qualifizierte sich.

Nun war es an der Zeit, meinen Mann zu infor­mieren. Mit zittriger Stimme erzählte ich ihm von meinem Glück. Zusammen mit seinen Arbeits­kollegen organisierte er seine Heimfahrt von Berlin in den Südschwarz­wald.

Am darauf­folgenden Sonntag, dem 22. Oktober 2006, fuhr mich ein Freund meines Mannes nach Frei­burg. Ich war voller Aufregung und Glück, mein Mund stand nicht mehr still. In Freiburg angekommen, erwartete mich das komplette Trans­plantations­team. Ich konnte es kaum fassen – so viel Freundlich­keit – da brauchte ich keine Angst zu haben. Die Ärzte klärten mich ruhig und für mich sehr gut verständ­lich über die bevor­stehende OP auf. Ich unterzog mich nochmals einer letzten Blut­wäsche, damit mein Körper für den Ein­griff stabil blieb.

Am 22. Oktober 2006 wurde ich gegen 22:00 Uhr in den OP geschoben. Aufgewacht bin ich am 23. Oktober 2006 gegen 13:00 Uhr. Ich erinnere mich sehr gut daran, denn die Sonne kitzelte meine Nase und das Trans­plantations­team stand um mein Bett herum und strahlte mich an. Sie sagten, ich hätte 13 Liter Urin produziert, was auf eine hervorragende Leistung der neuen Niere zurück­zuführen war.

Man kann es nicht in Worte fassen, denn ich erhielt eine so­genannte Full-House-Niere. Das bedeutet, dass alle immuno­logischen Merkmale zwischen Spender und Empfänger überein­stimmen. Ein Sechser im Lotto ist dagegen ein Trost­preis. So eine Niere ist ein Geschenk zwischen Himmel und Erde, für das der liebe Gott keine Worte gemacht hat.

Es war beeindruckend, wie schnell meine Genesung voranging. Zwölf Stunden nach der OP war mein Blut­druck fast wieder im normalen Bereich. Nach zwei Tagen setzte meine Regel wieder ein, die ich die letzten vier Jahre aufgrund der fehlenden Hormon­bildung durch die kranke Niere nicht hatte. Es war ein Wunder. Nach zehn Tagen wurde ich entlassen.

Zurück an der Tischtennisplatte

Nach drei Monaten war ich das erste Mal wieder im Schwarz­wald wandern, auf dem Feld­berg. Nach drei Monaten stand ich auch zum ersten Mal wieder in der Turn­halle am Tisch­tennistisch und habe versucht, meinen Gegner zu ärgern.

Seit 2008 bin ich Mitglied im Sport­verein TransDia e.V. – Sport für Trans­plantierte und Dialyse­patienten. Was für eine tolle Sport­gemeinschaft!

In den letzten 16 Jahren habe ich für diesen Sport­verein und für Deutschland an vier Welt­meister­schaften, drei Europa­meister­schaften sowie vielen Deutschen Meister­­schaften teil­genommen. Auch in 2025 werde ich wieder bei den World Trans­plant Games in Dresden dabei sein.

Die Rad­tour pro Organs­pende von TransDia e.V. habe ich mehrmals zusammen mit meinem Mann geradelt. Auch die Neckar-Bodensee-Radtour, die vom Uniklinikum Tübingen initiiert wurde, stand fest in meinem Kalender.

Dieser Verein ermutigt Patienten und Patient­innen dazu, nach einer gelungenen Organ­trans­plantation wieder Sport zu machen. Vielleicht klingt das für einen Laien erst einmal befremdlich – man ist doch krank, man ist trans­plantiert – sollte man sich nicht schonen? Aber keine Angst: Alle unsere Wett­kämpfe werden mit einem ärztlichen Attest abgesegnet. Keine Sportlerin und kein Sportler setzt die eigene Gesundheit und die Funktion des trans­plantierten Organ aufs Spiel.

Von allen Medikamenten, die ich nehmen muss, ist mir der Sport das angenehmste. Ausdauer­sport setzt Endorphine frei, macht glücklich und senkt den Blut­druck in den normalen Bereich. Ein weiterer Neben­effekt von Ausdauer­sport oder Sport generell ist, dass das trans­plantierte Organ besser durchblutet wird, weil der Körper arbeitet.

Inzwischen sind 18 Jahre vergangen, meine Niere ist erwachsen geworden. Ab und zu merke ich meine Gelenke und Knochen – das ist wohl auch etwas alters­bedingt. Ich betrachte mich als ein repariertes Auto, das aus einer Werk­statt kommt. Ein repariertes Auto wird nie ein neues Auto sein und hat danach eventuell kleine Defizite. Die Defizite von Trans­plantierten werden zum einen durch die Immun­suppression hervor­gerufen und zum anderen leider auch durch die langen Warte­zeiten auf das lebens­rettende Organ. Oftmals sind die Schäden, die in dieser Zeit am Körper entstehen, irre­parabel.

Dennoch überwiegt die Dank­barkeit jeden Tag. Der 22. Oktober ist mein zweiter Geburtstag und besonders an diesem Tag schicke ich gute Gedanken an die Familie des Spenders. DANKE!