Das passende Spenderorgan ist gefunden: Von der Organspende zur Transplantation
Wieso ist ein passendes Spenderorgan wichtig?
Wie kommt das Spenderorgan zum Empfänger bzw. zur Empfängerin?
Patient*innen, die ein Spenderorgan benötigen, werden einem Transplantationszentrum gemeldet und dort auf eine Warteliste gesetzt. Die Daten der Wartelistenpatient*innen werden dann vom Transplantationszentrum an Eurotransplant übermittelt.4,5 Eurotransplant ist eine gemeinnützige Organisation, die für die gerechte und effiziente Zuteilung von Spenderorganen (Allokation) in mehreren europäischen Ländern, u. a. Deutschland, zuständig ist.5 Anhand festgelegter Regeln wird dort die Reihenfolge, in der die Organe vermittelt werden, bestimmt. Die Zuweisung basiert auf medizinischen Kriterien und einer eigens erstellten Rangliste für jedes Organ. Durch dieses Vorgehen wird Transparenz und Gerechtigkeit gewährleistet. Dabei spielt neben einer guten Übereinstimmung der Gewebemerkmale die Dringlichkeit der Transplantation und die Wartezeit der Patient*innen auf der Liste eine große Rolle.4 Zusätzlich sind auch das Alter und Gewicht der Patient*innen sowie die Dauer des Transports zwischen Entnahmekrankenhaus und Transplantationszentrum (sog. Ischämiezeit des Organs) relevant.6 Diese Rangliste ist daher nicht wie eine „Warteschlange“ zu verstehen, in der jede*r Wartende eine feste Position hat, und wo es zu einem gleichmäßigem Vorrücken auf ebendieser Liste kommt.
Bei Veränderungen des Gesundheitszustands der Patient*innen können die Daten vom Transplantationszentrum jederzeit bei Eurotransplant aktualisiert werden. Ist ein Organ zugeteilt, wird das jeweilige Transplantationszentrum informiert, welches wiederum den oder die Empfänger*in kontaktiert. Die Empfänger*innen sollten dann innerhalb der nächsten zwei bis drei Stunden am Transplantationszentrum ankommen, um für die Operation vorbereitet werden zu können.5 Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) organisiert währenddessen den schnellstmöglichen Transport des Organs zum Transplantationszentrum.26 Spezifische Informationen zum Ablauf der Transplantation von Leber oder Niere sowie weitere Informationen finden Sie in den Informationsbroschüren „Wissenswertes rund um Ihre Lebertransplantation“ bzw. „Wissenswertes rund um Ihre Nierentransplantation“.
Wie wird die Passgenauigkeit zwischen Spender*in und Empfänger*in sichergestellt?
Die Kriterien für ein passendes Spenderorgan
Blutgruppenkompatibilität
Abbildung 1: Blutgruppenkompatibilität (Quelle: transplantation-verstehen.de)
Eine Unverträglichkeit der Blutgruppen wird als AB0-Inkompatibilität bezeichnet. Insbesondere bei einer Nierentransplantation kann jedoch – nach Durchführung spezifischer Maßnahmen – eine Transplantation trotz Inkompatibilität durchgeführt werden (AB0-inkompatible Spende [AB0i-Spende]).10
Gewebetypisierung
Wichtige Schritte vor der Organtransplantation
Immunologische Tests
Zur Blutgruppenbestimmung sowie für die Gewebetypisierung werden spezielle Labortests durchgeführt. Dafür werden zunächst eine Blutprobe und eine Gewebeprobe von Spender*in und Empfänger*in entnommen.
Ein Blutgruppentest funktioniert durch die Reaktion der Blutprobe mit den spezifischen Antikörpern gegen die Blutgruppenantigene A und B. Wenn die Antikörper an die Antigene auf den roten Blutkörperchen binden, kommt es zu einer sichtbaren Verklumpung. Je nachdem, welche Verklumpungen auftreten oder ausbleiben, kann man sagen, welche Blutgruppe jemand hat.12
Für die HLA-Typisierung werden aus den Proben die weißen Blutkörperchen (Lymphozyten) isoliert, da diese Zellen eine hohe Konzentration an HLA-Antigenen auf ihrer Oberfläche haben. Dabei kann die Typisierung auf verschiedene Arten erfolgen.13
- Analyse des Blutserums
Dabei werden die weißen Blutkörperchen mit spezifischen Antikörpern behandelt, die bekannte HLA-Antigene erkennen. Je nachdem welche Antikörper gebunden werden, liegen unterschiedliche HLA-Typen vor.13 - Analyse der Molekulargenetik
Bei dieser Methode wird die DNA mithilfe spezieller Methoden untersucht. Dafür wird die Menge der DNA erst vervielfacht (Polymerase-Kettenreaktion [PCR]), damit anschließend die genaue Zusammensetzung analysiert (Sequenzierung) werden kann. So erhält man Informationen über die HLA-Gene auf DNA-Ebene. Diese Methoden sind besonders präzise und können spezifische Varianten der HLA-Gene identifizieren.13, 14
Diagnostische Untersuchungen
Zusätzlich zu den immunologischen Tests müssen vor einer Organspende weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um den Gesundheitszustand der Spender*innen und Empfänger*innen zu überprüfen.6 So wird nach der Entnahme das Spenderorgan selbst detailliert untersucht. Dadurch kann zum Beispiel das Vorhandensein von Krebszellen ausgeschlossen werden. Organe von Spender*innen, die in der Vergangenheit Krebs hatten, werden nur verwendet, wenn die Übertragung von Krebszellen ausgeschlossen werden kann.15,16 Lebendspender*innen werden zusätzlich auf bestimmte Virusinfektionen (z. B. Epstein-Barr-Virus, Hepatitis B und C, HIV [Human Immunodeficiency Virus]) untersucht.15 Eine Transplantation kann trotz einer Virusinfektion durchgeführt werden. Das geht allerdings nur, wenn diese kontrollierbar ist, wobei der oder die Empfänger*in möglicherweise antivirale Medikamente einnehmen muss.15
Auch die Empfänger*innen werden auf Krebs und Infektionen untersucht. Darüber hinaus wird der allgemeine Gesundheitszustand anhand von Blutuntersuchungen, bildgebenden Verfahren (z. B. Röntgenaufnahmen, Computertomographie-[CT]- oder Magnetresonanztomographie-[MRT-]Scans), Herz-Kreislauf-Tests und speziellen Organfunktionsprüfungen festgestellt. Da Empfänger*innen zum Zeitpunkt der Transplantation Immunsuppressiva erhalten, müssen aktive Infektionen oder Krebserkrankungen erst unter Kontrolle gebracht werden. Personen mit schlechtem Allgemeinzustand oder bestimmten Virusinfektionen haben möglicherweise geringere Erfolgschancen bei der Transplantation. Ein psychosoziales Screening ist ebenfalls Teil der Voruntersuchung, um sicherzustellen, dass Empfänger bereit und fähig sind, die langfristigen Anforderungen nach der Transplantation zu erfüllen.17,25
Risiken bei einer Organtransplantation
Abstoßungsreaktionen
Abstoßungsreaktionen werden nach dem Zeitpunkt ihres Auftretens sowie nach ihrem Schweregrad unterschieden.1,2
Eine hyperakute Abstoßung tritt unmittelbar nach der Operation auf. Dies kann oft schon innerhalb von Minuten bis Stunden passieren, sobald der Blutfluss im transplantierten Organ wiederhergestellt ist.1 Die Reaktion wird durch spezifische Antikörper, die bereits vor der Transplantation im Empfängerkörper vorhanden waren, ausgelöst. Diese Antikörper greifen das neue Organ an, was zu einer sofortigen Schädigung der Blutgefäße führt und das Gewebe rasch absterben lässt. In diesem Fall muss das Spenderorgan umgehend entfernt werden. Allerdings kommt diese Form nur selten vor und wird in der Regel durch sorgfältige Voruntersuchungen verhindert.1
Eine akute Abstoßung beginnt typischerweise in den Tagen oder Wochen nach der Transplantation (in der Regel innerhalb der ersten drei Monate).18 Die akute Abstoßung basiert hauptsächlich auf der Aktivität spezieller weißer Blutkörperchen, die eine entscheidende Rolle in der Immunabwehr des Körpers spielen. Diese Zellen heißen zytotoxische T-Zellen. Sie sind Teil des angeworbenen Immunsystems und ihre Hauptfunktion besteht darin, infizierte Zellen und bestimmte Arten von Krebszellen als fremd zu erkennen und abzutöten. Akute Abstoßungen können in der Regel mit Medikamenten (z. B. Glukokortikoiden) oder einer höheren Dosierung bzw. Umstellung der Immunsuppressiva behandelt werden. Etwa ein Drittel aller Leber- und Nierentransplantierten erleben eine akute Abstoßungsreaktion.19
Monate bis Jahre nach der Transplantation kann sich jedoch noch eine chronische Abstoßung entwickeln, die oft schwer behandelbar und meistens auf unregelmäßige Medikamenteneinnahme zurückzuführen ist. Charakteristisch hierfür sind chronische Entzündungsreaktionen in den Gefäßwänden des Transplantats, wodurch die Blutgefäße unumkehrbar verengt werden. Dies kann zu langfristigen Funktionseinschränkungen des Transplantats führen und macht häufig eine erneute Transplantation notwendig. Auch diese Form ist selten und z.B. bei ca. 2 – 4 % der erwachsenen Lebertransplantierten der Fall.18,19
Fazit
Die sorgfältige Auswahl von Spenderorganen ist essenziell, um den Erfolg einer Transplantation sicherzustellen. Eine Blutgruppenkompatibilität sowie eine hohe Übereinstimmung der humanen Leukozyten-Antigene (HLA) zwischen Spender*in und Empfänger*in verlängert die Funktionsdauer des Organs und reduziert das Risiko einer Abstoßung.12,13 Doch trotz hoher Übereinstimmung der Gewebetypen und Blutgruppenkompatibilität kann es zu Abstoßungsreaktionen kommen. Daher ist eine lebenslange Einnahme von Immunsuppressiva notwendig. Abstoßungsreaktionen variieren nach Zeitpunkt und Schweregrad, wobei hyperakute Reaktionen sofort und akute Reaktionen Tage bis Wochen nach der Transplantation auftreten können. Chronische Abstoßungen sind oft schwer behandelbar und können eine erneute Transplantation erforderlich machen.1,2,18,19
Patient*innen, die eine Transplantation benötigen, müssen sich zunächst in einem Transplantationszentrum vorstellen, um den Aufnahmeprozess für die Warteliste zu durchlaufen. In eine sogenannten Transplantationskonferenz wird dann über die Eignung des*der Patient*in entschieden. Bei Eignung werden die Patient*innen dann auf die Warteliste aufgenommen (allerdings gibt es auch Ausschlussgründe, wie etwa aktive Krebserkrankungen, bestehende Alkohl- und Drogenabhängigkeit, etc.). Die Zuteilung der passenden Spenderorgane an das Transplantationszentrum erfolgt durch Eurotransplant, basierend auf medizinischen Kriterien und einer Rangliste zur Gewährleistung von Transparenz und Gerechtigkeit.4
FAQs – Häufig gestellte Fragen
Die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, da die Wartezeit von einer Vielzahl von Faktoren abhängt und daher stark variieren kann. Dazu zählen die Art des benötigten Organs, die Blutgruppe, die individuelle Dringlichkeit der Transplantation, die regionale Verfügbarkeit des Organs sowie die Übereinstimmung der Gewebemerkmale zwischen Spenderorgan und Empfänger*in. Allgemein können die Wartezeiten von einigen Monaten bis zu mehreren Jahren reichen.4 Organe, die lebensrettend sind und für die es keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten gibt, wie Herz oder Leber, haben oft kürzere Wartezeiten, da die Dringlichkeit höher eingestuft wird. Nierentransplantationen hingegen können längere Wartezeiten von teilweise 8 bis 10 Jahren haben, da Patient*innen in der Zwischenzeit mit Dialyse behandelt werden können.20,21 Insgesamt ist die Niere das am häufigsten benötigte Organ.22 Im Dezember 2023 standen ~6.500 Menschen auf der Warteliste für eine Nierentransplantation. Im Vergleich dazu warten nur etwa 700 Menschen auf eine Herz- bzw. 871 auf eine Lebertransplantation.27 Aufgrund des vorherrschenden Organmangels soll eine Nierenlebendspende in Deutschland zukünftig erleichtert werden.24 Man erhofft sich dadurch neben den bisherigen 600 Nierenlebendspenden pro Jahr weitere 100.24
- Immunologie für Jedermann. Abstossung und Immunsuppression. 2024. https://das-immunsystem.de/wissenswertes/organtransplantation/abstossung-und-immunsuppression/, abgerufen am: 08.04.2024
- DocCheck. Transplantatabstoßung. 2024. https://flexikon.doccheck.com/de/Transplantatabsto%C3%9Fung, abgerufen am: 08.04.2024
- Organspende. Das Leben mit dem Spenderorgan und die Erfolgsaussichten einer Transplantation https://www.organspende-info.de/organspende/ablauf-einer-organspende/erfolgsaussichten/, abgerufen am: 08.04.2024
- Organspende. Wartelistenführung und Vermittlung von Organen https://www.organspende-info.de/organspende/ablauf-einer-organspende/wartelisten-vermittlung-transplantation/, abgerufen am: 08.04.2024
- Eurotransplant. Deutschland. 2023. https://www.eurotransplant.org/region/deutschland/, abgerufen am: 08.04.2024
- HKK. Ablauf der Vermittlung https://www.hkk.de/leistungen-und-services/medizinische-beratung/organspende/ablauf-der-vermittlung, abgerufen am: 08.04.2024
- MDR. Blutgruppe von Spenderorganen kann umgewandelt werden. 2022. https://www.mdr.de/wissen/medizin-gesundheit/blutgruppe-von-spenderorganen-kann-konvertiert-werden-100.html, abgerufen am: 08.04.2024
- Immunologie für Jedermann. Spender und Empfänger. 2024. https://das-immunsystem.de/wissenswertes/organtransplantation/spender-und-empfaenger/, abgerufen am: 08.04.2024
- Uniklinikum Freiburg. Patienteninformation zur Blutgruppeninkompatiblen Nierenspende. https://www.uniklinik-freiburg.de/medizin4/transplantationszentrum/abo-inkompatible-lebendspende/abopatienteninformation.html, abgerufen am: 14.05.2024
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- DocCheck. Blutgruppenbestimmung. 2024. https://flexikon.doccheck.com/de/Blutgruppenbestimmung, abgerufen am: 15.05.2024
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- Organspende. Die Nierenlebendspende ist die am häufigsten durchgeführte Lebendorganspende. https://www.organspende-info.de/lebendorganspende/nierenlebendspende/, abgerufen am: 15.05.2024
- Organspende. Statistiken zur Organspende für Deutschland und Europa. https://www.organspende-info.de/zahlen-und-fakten/statistiken/, abgerufen am: 15.05.2024
- Ärzteblatt. Nierenlebendspende soll erleichtert werden. 2024. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/150864/Nierenlebendspende-soll-erleichtert-werden, abgerufen am: 15.05.2024
- MSD Manual. Übersicht über die Transplantation. https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/immunst%C3%B6rungen/um-transplantation/%C3%BCbersicht-%C3%BCber-die-transplantation, abgerufen am 16.05.2024
- Deutsche Stifung Organtransplantation. Deutsche Stiftung Organtransplantation Ablauf einer Organspende – vereinfachte Darstellung (dso.de), zuletzt abgerufen am 17.05.2024
- 4. Deutsche Stiftung Organtransplantation, Jahresbericht Organspende und Transplantation in Deutschland 2023, URL: https://www.dso.de/SiteCollectionDocuments/DSO-Jahresbericht%202023.pdf (zuletzt aufgerufen 22.05.2023).
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