Bis zu welchem Lebensalter kann man Organe spenden?

Bis zu welchem Lebensalter kann man Organe spenden?

Illustration eines alten Paares auf einer Parkbank

Noch bis in die 1980er-Jahre wurden Menschen mit einem Lebens­alter von über 65 Jahren von einer Organ­spende ausgeschlossen. Aufgrund des hohen ungedeckten Bedarfs an Spender­organen wurde diese strikte Altersgrenze jedoch abgeschafft.1

Altersgrenzen und gesundheitliche Faktoren einer Organ­spende

Bis zu welchem Alter darf man Organe spenden?

Heut­zutage gibt es keine feste Alters­grenze für eine Organ- oder Gewebespende. Viel­mehr steht der Zustand der Organe im Fokus und statt des kalendarischen Alters wird das biologische Alter der spendenden Person beachtet. Zu diesem Zweck wird das entsprechende Organ im Vor­feld einer potenziellen Transplantation umfassend medizinisch geprüft. Ob eine Organ­spende möglich ist, entscheiden dann die Ärzt*innen im Einzel­fall.2 Darüber hinaus spielt auch die Art des Organs eine Rolle. Während das Herz oder die Bauch­speicheldrüse eines älteren Menschen oft für eine Transplantation nicht mehr geeignet ist, wurden mit Niere oder Leber gute Erfahrungen gemacht.1

Oftmals werden Nieren (das am häufigsten transplantierte Organ mit der längsten Warte­zeit) von älteren Spender*innen auch bewusst an ältere Empfänger*innen vergeben. Seit 1999 gibt es von der Vermittlungs­stelle Euro­transplant ein spezielles Sonder­programm für Senior*innen (European Senior Program), das Personen ≥ 65 Jahre, die auf der Warte­liste stehen, durch die Vermittlung einer Niere von einem ebenfalls älteren Menschen (Alter ≥ 65 Jahre), eine verkürzte Warte­zeit ermöglicht.3

Erkrankungen, die eine Organspende ausschließen

Nur sehr wenige Erkrankungen gelten als Ausschlusskriterien für eine Organspende. Darunter fallen bestimmte Infektions­erkrankungen wie das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) oder auch akute Krebs­erkrankungen. Grundsätzlich prüfen die behandelnden Ärzt*innen vor einer potenziellen Transplantation immer den Zustand der zu spendenden Organe und entscheiden im Einzel­fall, ob eine Organ­spende möglich ist.2

Voraussetzungen für die Organspende

Wer kommt für eine Organspende in Frage?

Nahezu alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht oder Gesundheits­zustand können Organspender*in werden. Es müssen jedoch ein paar Voraussetzungen erfüllt sein. So muss für eine Organ­spende in Deutschland stets eine Einwilligung vorliegen. Diese kann durch einen Organ­spendeausweis oder eine Patienten­verfügung, die Eintragung in das Organspende­register oder die Zustimmung naher Angehöriger erfolgen. Mit Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen Kinder selbst ihre Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende erklären und diese dokumentieren.4

Im Falle einer post­mortalen Spende müssen zwei unabhängige und am Transplantations­ablauf unbeteiligte Ärzt*innen den Hirn­tod feststellen, da dieser den unumkehr­baren Ausfall aller Gehirn­funktionen bedeutet.1,5 Darüber hinaus wird der Zustand der einzelnen Organe und das Vorliegen bestimmter Erkrankungen bei Spender*innen überprüft (z. B. Vorliegen HIV, aktive Krebs­erkrankung)6 (siehe Welche Vorerkrankungen schließen eine Organspende aus?).

Für eine Lebend­spende (Niere, Leber) kommen nur ausgewählte Personen in Frage. Um die Gesundheit der Spender*innen zu schützen und Organ­handel zu unterbinden, unterliegt die Lebend­spende strengen Regularien. So ist eine Lebend­spende nur für enge Bezugs­personen, z. B. Verwandte ersten und zweiten Grades oder Lebenspartner*innen erlaubt; an fremde Personen kann im Allgemeinen nicht gespendet werden. Eine Aus­nahme stellt die Überkreuz­lebendnierenspende dar, bei der eine Organ­spende zwischen zwei Spender*innen-Empfänger*innen-Paaren ermöglicht wird. Dabei sind die jeweiligen Partner medizinisch nicht für eine Organ­spende kompatibel, überkreuz ist die Pass­genauigkeit jedoch gegeben.7 Grundsätzlich ist eine Lebend­spende nur möglich, wenn der*die Empfänger*in auf der Transplantations­warteliste steht und keine post­mortale Spende verfügbar ist.8 Auch Gewebe können als Lebend­spende erfolgen (z. B. Blut­gefäße, Knochen und Weichteil­gewebe).9

Rechtliche Grund­lagen der Organspende

Das Thema Organ­spende ist in Deutschland im Transplantations­gesetz (TPG) klar geregelt, um Miss­brauch aller Art zu verhindern. Neben Vorgaben zum Prozess der Organ­spende, Pflichten und Aufgaben aller Beteiligter sowie Regelungen für Transplantations­zentren finden sich dort auch die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Organ­spende und die Richtlinien zur medizinischen Beurteilung der Transplantate.4

Grundsätzlich gilt in Deutschland die so genannte erweiterte Entscheidungs­lösung. Diese besagt, dass eine Organ­spende nur möglich ist, wenn sich potenzielle Spender*innen vor ihrem Tod aktiv für eine Organ­spende bereit erklärt haben (durch einen Organspende­ausweis oder im Organ­spenderegister, in einer Patienten­verfügung). Falls keine Angaben vorliegen, muss die Zustimmung naher Angehöriger eingeholt werden.2,4

Fazit

Nahezu jede*r Mensch kann alters­unabhängig Organspender*in werden. Denn viel wichtiger als das kalendarische Alter ist der physische Zustand der Organe. Aus diesem Grund werden die Organe vor jeder potenziellen Organ­spende medizinisch geprüft und immer im Einzel­fall entschieden. Das European Senior Program ermöglicht die Transplantation zwischen älteren Spender*innen an ebenfalls älteren Empfänger*innen mit dem Vorteil einer zumeist kürzeren Warte­zeit als im ETKAS (Eurotransplant Kidney Allocation System).10

FAQs – Häufig gestellte Fragen

Ja, denn es gibt keine starre Alters­grenze für eine Organ­spende. Viel wichtiger als das kalendarische Alter ist das biologische Alter und der Zustand der Organe. Aufgrund des hohen ungedeckten Bedarfs an Spender­organen in Deutschland kann jedes einzelne Organ einem anderen Menschen neue Lebens­zeit schenken. Es kann jedoch sein, dass manche Organe wie das Herz oder die Bauchspeichel­drüse ab einem bestimmten Lebensalter nicht mehr für eine Transplantation in Frage kommen.1

Nahezu alle Menschen können potenzielle Organspender*innen sein. Bis auf wenige Vorerkrankungen (z. B. HIV oder akute Krebs­erkrankungen) gibt es keine Ausschluss­kriterien. Da in Deutschland die Entscheidungs­lösung gilt, muss die Bereit­schaft für eine Organspende jedoch zu Leb­zeiten entweder dokumentiert (z. B. im Organspende­ausweis oder Organspende­register) oder nahen Angehörigen gegenüber kommuniziert werden. Wurde dies zu Leb­zeiten nicht getan, müssen die nächsten Angehörigen im Fall des Falles im vermuteten Sinne des*der Verstorbenen eine Entscheidung treffen.2,4 Im Vorfeld einer Organ­spende wird dann der medizinische Zustand der Organe genauestens geprüft. Bei einem guten Zustand der Organe steht einer Organ­spende nichts mehr im Wege.

Nur wenige Vor­erkrankungen schließen von vornherein eine Organ­spende aus. Dazu zählen wenige Infektions­erkrankungen wie HIV, oder akute Krebs­erkrankungen.6
  1. Bürk C. SWR Wissen: Gibt es bei Organspenden eine Altersgrenze? https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/gibt-es-bei-organspenden-eine-altersgrenze-106.html, abgerufen am: 09.01.2025
  2. Bundesministerium für Gesundheit. Fragen und Antworten zum Thema Organspende. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/organspende/faqs#collapse-control-745, abgerufen am: 09.01.2025
  3. Marburg U. Sonderprogramm für Senioren-Patienten (ESP). https://www.ukgm.de/ugm_2/deu/umr_tpx/37293.html, abgerufen am: 09.01.2025
  4. Bundesministerium für Justiz. Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben. https://www.gesetze-im-internet.de/tpg/, abgerufen am: 10.01.2025
  5. Bundesärztekammer. Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TPG für die Regeln zur Feststellung des Todes nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TPG und die Verfahrensregeln zur Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 TPG. https://www.organspende-info.de/fileadmin/Organspende/01_Informieren/06_Gesetze_und_Richtlinien/03_Gesetze_und_Richtlinien/BZgA_Website_Organspende_RichtlinieIHA_FuenfteFortschreibung.pdf, abgerufen am: 10.01.2025
  6. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Welche Vorerkrankungen schließen eine Organspende aus? https://www.organspende-info.de/blog/welche-vorerkrankungen-schliessen-eine-organspende-aus/, abgerufen am: 15.01.2025
  7. Bundesministerium für Gesundheit. Überkreuzspende gibt Nierenkranken Hoffnung. 2024. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/lebendorganspende-reform-kabinett-17-07-24.html, abgerufen am: 13.01.2025
  8. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Vor einer Lebendorganspende müssen strenge Voraussetzungen erfüllt werden. https://www.organspende-info.de/lebendorganspende/voraussetzungen/, abgerufen am: 10.01.2025
  9. Bundeszentrale für gesunheitliche Aufklärung. Die Gewebespende. https://www.organspende-info.de/gewebespende/, abgerufen am 21.01.2025
  10. Comparative survival of elderly renal transplant recipients with a living donor versus a deceased donor: A retrospective single center observational study, Tegzess et al, 10/2021 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/tri.14130, abgerufen am 21.01.2025

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